Patientennahe Schnelltests ohne Arztvorbehalt – auch mobile PCR-Tests können erfasst sein!

Die folgenden Wochen und Monate der Corona-Pandemie könnten nach wie stark durch umfangreiche Corona-Testungen geprägt sein. Die schrittweise Rückkehr zur gesellschaftlichen Normalität – das „New Normal“ – lässt sich bis zu einer impflastigen und genesungsbedingten Immunisierung der Bevölkerung nur mit umfangreichen Testungen sicher ausgleichen. Dies gilt erst recht dann, wenn die Impfquote im 60-Prozent-Bereich stagnieren sollte. 

Die Politik hat im Laufe des letzten Jahres wesentliche Lockerungen der Coronatest-Regularien vollzogen, beispielsweise durch entscheidende Anpassungen im Infektionsschutzgesetz (=IfSG) und in der Medizinprodukte-Abgabeverordnung (=MPAV). 

Eine Anpassung bezieht sich auf sogenannte In-vitro-Diagnostika, die für patientennahe Schnelltests verwendet werden. Ein solcher Test auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 muss nunmehr nicht von einem Arzt erbracht werden, ist also von dem ansonsten nach dem IfSG geltenden „Arztvorbehalt“ befreit (§ 24 IfSG).  

Doch was genau ist nun ein In-vitro-Diagnostikum, das für patientennahe Schnelltests verwendet wird? Man sollte meinen, der Gesetzgeber war hier von eine klaren Vorstellung getragen, denn schließlich geht es um die ausnahmsweise Aufhebung des ansonsten streng geschützten Arztvorbehaltes. Dem ist aber leider nicht so. In der entscheidenden Gesetzesbegründung zur Anpassung des IfSG durch das Dritte Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite werden die patientennahen Schnelltest nicht weiter definiert (BT-Drucks. 19/23944, Seite 30).  

Wenn der Gesetzgeber aber nur Stäbchen-Schnelltests (Antigentests) im Auge gehabt hätte, so wäre dies sicher explizit eingegrenzt worden. Denn allein der Begriff der patientennahen Schnelltest geht weiter. Insbesondre mit Blick auf die derzeitigen und zukünftigen technischen Entwicklungen könnten darunter auch mobile PCR-Testgeräte zu fassen sein, die als In-Vitro-Diagnostikum (=IVD) zugelassen sind und die schnell und vor Ort Ergebnisse liefern. 

Zu nennen sind etwas das Gerät „GNA Octea“ des bayerischen Herstellers GNA Biosolutions, welches nach dem PCR-Verfahren gleichzeitig acht Abstriche in 20 Minuten testen kann und in der Ergebnisqualität Laborstandard verspricht (https://www.gna-bio.com/products/). 

Ein ähnliches mobiles IVD bietet der Hersteller FRIZ Biochem mit dem COVID-19 direct RT-PCR an (http://www.frizbiochem.de/labdirectintro.html), welches in Kombination mit einem weiteren, mobilen PCR-Geräte anzuwenden ist (sog. qPCR-Cycler).  

Handelt es sich auch bei solchen Geräten um patientennahe Schnelltests, deren Anwendung in Bezug auf SARS-CoV-2-Testungen nicht dem Arztvorbehalt unterliegt? „Patientennahe Schnelltests“ sind als solche nicht weiter definiert. Diese Tests – auch als POCT = Point Of Care Testing bezeichnet grundsätzlich solche Tests, die bei dem Patienten vor Ort oder zum Beispiel direkt in einer Arztpraxis erbracht werden können. Dies trifft auf beide Geräte zu. 

Auch die Geschwindigkeit der Auswertung von z.B. acht Proben parallel in 20 Minuten dürfte mit Blick auf die aufwendige PCR-Testung begrifflich als „Schnell“-Test zu fassen sein. Was wiederum gegen das Vorliegen eines „patientennahen Schnelltests“ sprechen könnten ist der verhältnismäßig größere Aufwand gegenüber beispielsweise Antigen-Schnelltests. So ist für die mobilen Laborgeräte Fachpersonal nötig, welches kleinere Pipettierarbeiten vornehmen muss.  

Berücksichtigt man aber, dass sich im Zuge der Corona-Pandemie die Sinnhaftigkeit einer breiten Schnelltestung durch mobile PCR-Geräte mit regelmäßig genaueren Ergebnissen geradezu aufdrängt, kann mit Blick auf den Sinn und Zweck der Liberalisierung für solche Tests, im Zuge der Corona-Pandemie die Testungen auszuweiten und eine breite Schnelltestung zu etablieren, gut vertreten werden, dass es sich um patientennahe Schnelltests-IVDs handelt und der Arztvorbehalt nicht gilt. 

Besonders interessant ist diese Entwicklung mit Blick auf die gewerbliche Leistungserbringung von Corona-Testungen. Denn grundsätzlich sind nach vielfach durchgesetzter Ansicht der Ärztekammern ärztliche Leistungen freiberuflichen Ärzten vorbehalten und sollen gerade nicht durch gewerbliche GmbHs erbracht werden. Testcenter, die solche mobilen Labortests gewerblich anbieten, wären damit Angriffen der Kammer ausgesetzt und sähen sich Vorwürfen der rechtswidrigen Leistungserbringung ausgesetzt. Dabei ist offensichtlich, dass eine zukünftige Ausweitung der Testkapazitäten nur mit Hilfe des gewerblichen Sektors gelingen kann, weil ansonsten nicht genügend Personal und Ressourcen zur Verfügung stehen und überhaupt agile und bezahlbare Testungen nicht erbracht werden können. 

Die argumentative Einordnung solcher mobiler Labortests zu den In-vitro-Diagnostika nach § 24 IfSG, die für patientennahe Schnelltests verwendet werden, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung zur Bekämpfung der Pandemie durch mehr Testkapazitäten auf dem Weg zu einem schnelleren und sicheren „New Normal“.