§ 20k SGB V: Krankenkassen müssen digitale Gesundheitskompetenz fördern – erfüllen dabei aber nur das Minimalziel
Mit dem Digitale Versorgung Gesetz (DVG) haben zum Dezember 2019 nicht nur die DiGA-Vorschriften Einzug in das Krankenkassenrecht gefunden. An etwas versteckter Stelle wurde eine weitere Norm eingeführt, welche den gesetzlichen Krankenversicherungen aufgibt, die digitale Gesundheitskompetenz ihrer Versicherten zu fördern.
So müssen die Krankenkassen gemäß § 20k des Fünften Sozialgesetzbuchs (SGB V) nun Satzungsleistungen zur „Förderung des selbstbestimmten gesundheitsorientierten Einsatzes digitaler oder telemedizinischer Anwendungen und Verfahren durch die Versicherten“ vorsehen.
Der Gesetzgeber will damit die digitale Kluft im Kontext digitaler Gesundheitsleistungen überwinden. (BT-Drs. 19/14867, 89 f.). Die Schulungen der Kassen sollen Förderunen umfassen, die insbesondere die wesentlichen Anwendungsfälle der Digitalisierung im Gesundheitswesen wie „Telemedizin, digitale Medizinprodukte, die Nutzung der elektronischen Patientenakte oder sonstige IT-gestützte Verfahren“ abbilden. Wissenslücken im Hinblick auf technische Aspekte und datenschutzrechtliche Grundlagen des „gesundheitsbezogenen Einsatz digitaler Technologien“ sollen geschlossen werden. So sollen alle Versicherten, ob jung oder alt, gleichermaßen dazu befähigt werden, „selbstbestimmte Entscheidungen über den Einsatz digitaler Innovationen im Rahmen der Krankenbehandlung zu treffen“. Die Förderungsleistungen sollen sowohl in Form reiner Online- als auch in Form von Präsenzkursen möglich sein.
§ 20k Absatz 2 SGB V verpflichtet den GKV-Spitzenverband zur Festlegung und Konkretisierung der Anforderungen an solche Gesundheitskompetenz-Kurse. Der GKV-SV hat dazu bereits entsprechende Regelungen und Zielvorgaben zur Methodik und Qualität formuliert. Inhaltlich werden darin insbesondere die oben zitierten Vorgaben des Gesetzgebers lediglich wiederholt. Konkretisiert wird aber, dass die Leistungen von der Krankenkasse selbst oder im Auftrag der Krankenkasse durch Dritte entwickelt und bereitgestellt werden können.
Vom Umfang her sind die Vorgaben des GKV-SV mit gerade einmal 4 stichpunktartig gefüllten Seiten recht kurz ausgefallen. Zum Vergleich: der GKV-SV-„Leitfaden Prävention“ zur Umsetzung von § 20-Präventionsleistungen umfasst derzeit ganze 188 Seiten.
Die Krankenkassen tun sich zudem in der Umsetzung des gesetzgeberischen Auftrages sichtlich schwer und flüchten sich hier offenbar in eine Minimalerfüllung. Ein Blick auf drei große Krankenkassen zeigt, wie stiefmütterlich hier teilweise vorgegangen wird.
Die Techniker Krankenkasse (TK) bietet ihren Versicherten mit dem sogenannte „DiSK-Coach“ eine gemeinsam mit der GAIA AG entwickelte webbasierte interaktive Anwendung, die den Nutzern Wissen vermittelt – und zwar auf Basis des eigenen Wissenstands. Im ersten Modul geht es darum, welche digitalen Gesundheitsanwendungen es gibt und wie sich deren Qualität einschätzen lässt. Zum Programm gehören auch ein Wissenstest sowie die Möglichkeit, ein Zertifikat zu erhalten. Das Pilotprojekt wird evaluiert. Die Erkenntnisse daraus sollen zur Ausgestaltung des Regelangebots beitragen.
Die BARMER scheint das Angebot solcher Gesundheitskurse in die Verantwortung der Versicherten zu legen und bietet ihnen eine Kostenübernahme von 50 Euro für entsprechende Kursangebote einmal kalenderjährlich an. Wie und wo ein solcher Kurs möglich ist, der dann zur Erstattung gebracht werden kann, bleibt dabei unklar. Der Versicherte muss sich also gut pberlegen, ob er das Geld für einen selbst ausgesuchten Kurs vorstreckt und dann im Nachgang die Geltendmachung bei der Kasse versucht. Weiter gibt es bei der BARMER zu dem Thema „digitale Gesundheitskompetenz“ einen informativen Blog-Beitrag mit dem Titel „Digital Patient Empowerment“ an. Die Lesedauer beträgt nach dortiger Angabe ganze 3 Minuten.
Die DAK bietet den Onlinekurs: „Startklar für die digitale Gesundheitswelt – Digitale Angebote und ihre Möglichkeiten für eine gesunde Lebensqualität“ in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Verband für Gesundheitssport und Sporttherapie e.V. (DVGS) an. Thematisch gibt es drei Angebote („Einführung in die digitale Gesundheitskompetenz“, „Einführung in die elektronische Patientenakte“, „Einführung in die Telemedizin“).
Von einem durchschlagenden Erfolg in Sachen Kompetenzvermittlung zu digitaler Gesundheit kann nach alledem noch nicht gesprochen werden. Die kurzen und repetitiven Ausführen des GKV-Spitzenverbandes zeigen, dass hier ein klares Konzept und eine klare Marschrichtung fehlt, um dieses Thema wirklich voranzubringen.
Die Krankenkassen bemühen sich in einer mehr oder weniger aufwendigen und pflichtbewussten Umsetzung des (lästigen?) gesetzgeberischen Auftrages, den Versicherten ein Angebot zur Vermittlung digitaler Gesundheitskompetenz zur Verfügung zu stellen. Wirklich nach Vorne gestellt wird dieses Thema dabei aber nicht. Ein Schelm, wer nach alledem glaubt, dass auf Seiten der Krankenkassen schlichtweg die Kompetenz und der nötige Weitblick für die kommende tiefgreifende digitale Umwälzung des Gesundheitswesens fehlt.